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Elli mit Birke von Brot & Rosen und Herman vom Amsterdam Catholic Worker am frühen Morgen vor Förderbändern

Eine Probe der Lebenslaute für die Aktionskonzerte

von Elisabeth Langner / September 2021

Elisabeth Langner (Elli) nahm in diesem Jahr gemeinsam mit Birke Kleinwächter und anderen Freund*innen aus unserer Catholic Worker-Bewegung in Europa an der gewaltfreien Aktion des Netzwerks LEBENSLAUTE im rheinischen Braunkohlerevier teil. Ziel war es, den Kohleabbau zum Stillstand zu bringen und ein Zeichen für Klimagerechtigkeit zu setzen.

Er ist in aller Munde – meist in Form von politischen Diskussionen und Schlagzeilen, Aus- und Aufrufen, Klagen und Anklagen, gelegentlich auch in Form von Musik – der Zustand unserer Welt: die Zerstörung von Leben und Lebensraum, die Konsequenzen fürs Klima und die damit einhergehenden Katastrophen.

Die Lebenslaute brachte in ihrer Aktion „Mit Achtel und Triole gegen Klimakiller Kohle“ u.a. Beethoven, Schubert sowie Volksweisen, in denen die Liebe zur Natur und Heimat vertont werden, am und im Braunkohletagebau des rheinischen Reviers zum Klingen.

Unter dem Namen LEBENSLAUTE engagieren sich seit 1986 bundesweit musikalische Laien und Profis, Instrumentalist*innen und Sänger*innen, sowie Unterstützer*innen einmal jährlich in Chor- und Orchesterstärke. Als offene Musik- und Aktionsgruppe spielt sie überwiegend klassische Musik gerade dort, wo dies nicht erwartet wird. Sie lässt sich nicht durch herrschende Vorschriften einschränken, sondern sucht so die Auseinandersetzung mit der Politik und Gesellschaft. Die Lebenslaute versucht damit, lokale Protestbewegungen zu stärken.

Und so probte und klang die LEBENSLAUTE Anfang August in Lützerath, wo sie den letzten Landwirt dieses Dorfes in seinem Kampf gegen die anstehende Zwangsenteignung unterstützte.

Während die Klimaveränderungen für uns immer spürbarer werden – Dürre, Starkregen, Hitzewellen, Waldbrände – werden die CO2-Emissionsziele immer weiter verschoben. Das „Rheinische Revier“ ist mit knapp 100 Mio. Tonnen pro Jahr bei weitem das größte Braunkohlerevier Europas. Die Braunkohle hat eine schlechte Co2-Bilanz und trägt mit mehr als 10% zu den deutschen Co2-Emissionen bei. RWE, Betreiber dieses Tagebaus, plant bis zum Kohleausstieg 2038 weitere Dörfer abzureißen.

Beeindruckend, dass Menschen aller Altersgruppen (und bald hoffentlich auch in mehr Vielfalt von sozialen und kulturellen Herkünften) bereit waren, eine Woche lang auf einer der noch verbliebenen Wiesen von Lützerath zu campieren, sich diese auch mit dem zeitgleich stattfindenden Klimacamp und dessen Aktionen zu teilen.

Während die LEBENSLAUTE in Reitställen, unter Zirkuszelten oder einfach auf der Wiese probte, fand zudem die Aktionswoche „Kultur ohne Kohle (Kuloko)“ in Lützerath und in umliegenden Dörfern statt. Im Rahmen der Kuloko hatte die LEBENSLAUTE mehrere kleine Konzerte an verschiedenen Orten und das offizielle Vorkonzert mit allen Lebenslaute-Teilnehmer*innen in der Scheune des o.g. Landwirtes Eckardt Heukamp in Lützerath.

Weniger offiziell wurde es dann für eine „Nacht- und Ne-belaktion“, bei der die LEBENSLAUTE auf drei verschiedenen Wegen Konzertplätze in unmittelbarer Tagebaunähe bzw. -mitte aufsuchte. In Schwarz–Weiß spielten Instrumentalist*innen und sangen Sänger*innen zwischen Förderbändern, die zur Konzertzeit stillstanden (!), auf Zufahrtsstraßen und an Steilhängen von Idylle, Sonnenaufgängen, Wäldern, Land, Wüste und Reichtum. Zuhörer*innen strömten schnell herbei – man könnte sagen überwältigend schnell – bestehend aus Mitarbeitenden des Werkschutzes, Tagebauarbeiter*innen und später der Polizei – einige mehr, andere weniger darüber begeistert, auf ein unverhofftes Sonntagmorgen-konzert zu stoßen.

Eine Gruppe blieb außerhalb des Tagebaus und gestaltete das musikalische Rahmenprogramm des sogenannten Dorfspaziergangs, einer monatlichen Begehung der zerstörten und von Zerstörung bedrohten Orte und Landschaft. Dort sprach auch Luisa Neubauer, die bekannte Aktivistin der Fridays for Future in Deutschland.

Und wie das alles in der „Grube“ endete? Ein konzertanter Auszug mit tosendem Beifall blieb aus. Viele von uns wurden hinausgeführt, u.a. in Gesprächen mit dem uniformierten Begleitschutz. Andere wurden lange im „Loch“ hin- und festgehalten und einige sogar mit nach Aachen zur erkennungsdienstlichen Behandlung mitgenommen. Für einige endete das Konzert als „erfolgreich“, für andere endete es mit Überraschungen und Demütigungen.

Was ich hier schreibe, entspricht meiner persönlichen Wahrnehmung und Deutung und entspricht sicherlich nicht der Meinung aller Beteiligten. Die Aktion wurde von verschiedensten Personen für unterschiedliche (persönliche) Ziele genutzt. Irgendwann haben wir nicht mehr „dasselbe Stück“ gespielt, haben uns von unterschiedlichen „Dirigenten“ dirigieren lassen. Meiner Meinung nach fehlte ein wichtiger Probenteil: eine chor- und orchesterübergreifende Vereinbarung darüber, was und wie wir zusammen Musik machen wollen, sowie über die Klärung des KonzertGRUNDES. Bei allen nachfolgenden Diskussionen, Aufregungen und Emotionen über das Verhalten von Werksschutz und Polizei haben wir meiner Meinung nach irgendwie das Eintreten für den Schutz von Leben und Lebensraum, das Aufbegehren gegen den Unsinn weiterer Umweltzerstörung und das Aufmerksammachen unserer eigenen Rolle und Verantwortung aus den Augen verloren.

Dennoch glaube ich, dass Musik und Kunst es schaffen, dass ein auf „Kopfebene“ betriebener Kampf zwischen Wirtschaft(lichkeit), Politik(interessen) und großflächiger gesellschaftlicher Ignoranz in die Seele eindringen kann. Sie geben Hilfe zum Empfinden und zum Ausdruck von Trauer, Wut, Erschütterung und Freude angesichts unserer heutigen prekären Zustände in Umwelt und Gesellschaft. Sie sind daher ein notwendiges Instrument im Ringen um echte Lösungen, die meiner Meinung nach in der Liebe für das Lebende und dem Respekt vor der Schöpfung gefunden werden könnten.



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