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Flüchtlingsarbeit in den USA

Dietrich Gerstner traf Marie Schuster im Januar bei der Open Door Community in Atlanta, GA - das T-Shirt ist von 1987...

Dort fand am 20. Januar auch eine Demo zur Amtseinführung von Präsident Trump statt.

von Marie M. Schuster / März 2017

Marie lebte 2014/15 als Freiwillige von „Brethren Volunteer Service“ bei Brot & Rosen. Nach ihrer Rückkehr in die USA fand sie eine Stelle in der Flüchtlingsarbeit. Wir baten sie, uns ihre Eindrücke zur aktuellen Situation „nach Trump“ zu schildern.

Nach meiner Zeit bei Brot & Rosen habe ich auch hier in meiner Heimatstadt Buffalo, New York angefangen, mit Geflüchteten zu arbeiten. Ich arbeite für das Internationale Institut von Buffalo, eine gemeinnützige Organisation, die seit ca. 100 Jahren Einwanderern und Geflüchteten hilft und sie unterstützt. Einwanderer, wie es auch meine Vorfahren aus Polen und Deutschland waren. Als „Resettlement Case Manager“ begleite ich Geflüchtete, die nach Jahren in Lagern in Kenia, Nepal, Malaysia und der Türkei endlich in die USA umsiedeln dürfen. Sie bekommen nur für 90-180 Tage „Resettlement“-Unterstützung. Ich helfe ihnen dabei, sich für Englisch-Kurse einzuschreiben und die Kinder in den Schulen anzumelden. Erwachsene bekommen Arbeitsberatung und ihnen wird auch bei den Anträgen auf Sozialleistungen geholfen. Die meisten suchen sofort Arbeit, mit oder ohne Englischkenntnisse (was möglich ist!), weil sie viel mehr verdienen können als das, was ihnen der Staat gibt.

Nach ein paar spannenden Wochen gibt es jetzt wieder Hoffnung für die „Resettlement“-Programme (Umsiedlungsprogramme der UNO) in den USA. Nach dem 20. Januar war es unklar, wie diese Programme weitergehen würden. Als Kandidat hatte der neue Präsident versprochen, uns durch ein Einreiseverbot von MuslimInnen vor Terrorismus zu „schützen“. Wie wir wissen, hat er viel versucht, um dieses Versprechen umzusetzen. Sofort gab es Chaos auf den Flughäfen, wo Geflüchtete (unter anderem auch VisumsinhaberInnen) ankamen und sich unsicher waren, ob sie bleiben dürften. Nach so langer Zeit endlich in Amerika, und jetzt?!

Die Flüchtlings-Zahlen werden seit den 80er Jahren von dem jeweiligen Präsidenten festgelegt. Da Trump entschieden hatt, nur 50.000 Geflüchtete pro Jahr ins Land zu lassen statt der von Obama zugesagten 110.000, kann der Kongress nichts dagegen machen. Theoretisch könnte der Kongress gegen eine Zunahme der Einreisezahlen stimmen, weil sie das Budget kontrollieren. Weniger Einreisen bedeuten aber jetzt weniger Ausgaben und das macht die RepublikanerInnen glücklich.

Aber Trump sagt, er will eine strengere Sicherheitsüberprüfung haben, was ich mir nicht vorstellen kann, weil unser Verfahren schon das strengste der Welt ist. Frag nur mal eine/n der Beamt*innen, die die Interviews machen oder eine/n der Geflüchteten, die mehr als drei Jahre brauchen, um durch das Verfahren zu kommen. Aber für ein neues Verfahren muss mehr Geld investiert werden.

Was zur Halbierung der Flüchtlingszahlen hinzukommt, ist das Einreiseverbot für Menschen aus sieben Ländern, die mehrheitlich muslimisch sind. Warum nur diese sieben und nicht mehr oder andere Länder, das ist eine gute Frage. Zum Glück gibt es die Gewaltenteilung gegen die Macht des Präsidenten. Was sich in den letzten Wochen entwickelt hat, dass sich die Gerichte einschalten, ist vielleicht unser einziges Instrument, um die Ideale der amerikanischen Demokratie zu verteidigen. Oder zumindest unsere moralische Pflicht, Anderen zu dienen.

So ein Einreiseverbot, wie es unterschrieben wurde, steht im Widerspruch zu unserer Verfassung. Die Gerichte, wie in den Fällen von Massachusetts und Washington, haben die Anordnung des Präsidenten erfolgreich aufgeschoben. Er kann noch twittern, aber nach einer Woche Unsicherheit und stornierter Flüge, bekommen wir Umbuchungsmeldungen! Es bleibt unklar, wie lange der Aufschub anhalten wird. Aber wir tun, was wir können, für die, die schon da sind und die, die jetzt wieder einreisen dürfen. Gerade habe ich z.B. eine neue E-Mail bekommen, dass eine siebenköpfige Familie aus Syrien nun übermorgen doch einreisen wird.

Trotz der Katastrophe, die sich auf der nationalen Bühne abspielt, sind viele lokale Regierungen ganz öffentlich für Einwanderer und Geflüchtete da. In Buffalo gab es letztes Wochenende eine Kundgebung: “No Ban! No Wall” (Kein Einreiseverbot! Keine Mauer!) Der Bürgermeister und lokale Kongressleute nahmen teil, um ihre Solidarität zu zeigen. Ehemalige Geflüchtete, Imame, neu Angekommene, neue BürgerInnen, alle erhoben ihre Stimme. Fast zwei tausend Menschen kamen. Das ist recht viel für Buffalo, vor allem an einem Tag, an dem wir 5 Grad Minus hatten.

Wir sind bekannt als die Stadt der guten NachbarInnen – schaut mal im Internet nach, es ist wahr, ich schwöre es! Und jetzt übt Buffalo Gastfreundschaft wie nie zuvor! Beim Internationalen Institut von Buffalo haben wir früher selten so viele Spenden an Haushaltssachen bekommen wie jetzt. Jeden Tag gibt es neue Leute, die freiwillig auch Zeit und andere Gaben spenden. Die Neuangekommenen sagen: „Wir sind glücklich, dass Ihr da seid!“ Wir schaffen Widerstand durch Gastfreundschaft! Woher kenne ich das?!



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