Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
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Nicht ausweichen, aushalten!

Johannes vor der Ausländerbehörde...

.. und mit der jüngsten Mitbewohnerin

von Johannes Varelmann / November 2020

Johannes hat im letzten Jahr unsere Küche vegan-kreativ belebt und sich u.a. zum Tischkick-Meister entwickelt. Außerdem engagierte er sich in der Erstberatungsstelle Café Exil. Nun bricht er zu seiner nächsten Station auf. Wir danken herzlich für sein Mitwirken und wünschen ihm Gottes Segen.

Vor ein paar Wochen habe ich jemand davon erzählt, dass gerade viele Menschen aus Ghana im Cafe Exil vorbeikommen, die schlechte Bleibeperspektiven haben. Ghana wird als sicheres Herkunftsland geführt, große Integrations- und Arbeitsbereitschaft zählen da genauso wenig wie lange Aufenthaltszeiten in Deutschland. Meine Gesprächspartnerin meinte daraufhin, dass wir ja auch nicht alle aufnehmen könnten.

Da ist mir klar geworden, dass dieser – auch für mich gar nicht ungewohnte – Satz nicht stimmt, oder besser: dass dieser Satz keine Antwort auf das Problem ist, sondern auf ein anderes und falsches Gleis führt. Menschen kommen zu uns, weil sie bessere Lebensperspektiven suchen. Wir haben diese besseren Lebensperspektiven und halten sie für selbstverständlich – für uns. Solange Menschen auf der Welt benachteiligt werden, weil sie woanders leben, müssten alle das Recht haben, dahin zu ziehen, wo es besser ist – so-lange, bis es allen gleich gut geht und alles gerecht verteilt ist. Natürlich ist es besser, wenn Menschen nicht in die reichen Länder ziehen müssen. Natürlich ist es besser, wenn wir dafür sorgen, dass alle in ihrer Heimat gut leben können. Aber dann los, dann sollten wir endlich was ändern, ernsthaft, ohne Ausreden und Ausflüchte, mit der Bereitschaft, hier auf Komfort zu verzichten!

Das ist wie beim Klima. Wenn wir es wirklich ernst meinen, müssen wir konsequenter werden. Dann spielen alle scheinbaren Gegenargumente keine Rolle. Denn ohne Gegensteuern in der Klimakatastrophe ist jeder wirtschaftliche Wohlstand nichts. Genauso bleibt ohne Gerechtigkeit auf der Welt alles hohl, was wir in Europa tun.

Zu einfach? Nein, so einfach! Wenn wir das endlich ernst nehmen würden, würden wir auch etwas verändern!

Dinge grundsätzlicher und radikaler zu denken, das nehme ich aus meinem Bundesfreiwilligendienst bei Brot & Rosen mit, aus der Teilnahme an einzelnen Protestaktionen und aus der Arbeit im Café Exil. Und das hat auch etwas mit meinem spirituellen Leben zu tun, mit der Art und Weise, wie ich mich zu Gott stelle. Wenn ich akzeptiere, dass ich Mensch bin und nicht Gott, dass es Dinge in meinem Leben gibt, die ich nicht schön reden oder zurecht denken oder wirklich aus eigener Kraft machen kann, dann bleibt ganz schön viel übrig, was ich Gott anvertrauen muss. – Das mache ich aber nicht so gerne. Ich denke lieber selber, verwirk-liche meine tollen Ideen, problematisiere und versuche, möglichst gründlich zu verstehen. Und hinter all dem gibt es immer wieder die heimliche Phantasie, ich könnte (und müsste) die Lösung finden und die Welt retten.

Für mich geht es aber darum, die Schwierigkeiten und Ungewissheiten in meinem Leben wie die großen Weltprobleme eben nicht „klein zu kriegen“, handhabbar und letztlich harmloser zu machen, sondern ihnen ihre Größe und vorläufige Unlösbarkeit zu lassen, auszuhalten, dass es so ist und es dahin weiter zu geben, wo es am ehesten hingehört, es Gott vorzuhalten.

Paradoxerweise bedeutet dieses Weitergeben ja nicht, dass ich die Hände in den Schoß legen kann, ganz im Gegenteil: Wenn die Probleme groß bleiben und nicht im Kleinklein relativiert werden, bleibt auch spürbar, dass ich etwas tun muss. Wenn ich dabei mit Gott in Verbindung bin, wird schnell klar, dass eine ungerechte Welt, unmenschliches Verhalten, Umweltzerstörung und vieles mehr nicht Gottes Wille sein kann. Ich kann und muss dann tun, was vor mir liegt. Ich möchte das Gebet nicht unterschätzen, die Kraft, die darin steckt und die befreiende Wirkung, die es gegen meine Selbstbezogenheit entwickelt. Und immer wieder geht es darum, meine eigenen Vorstellungen loszulassen und mich auf die Realität und auf Gottes Willen einzulassen.

Mich persönlich führt das jetzt erst mal weg von Brot & Rosen, nach Wolfenbüttel und wer weiß, wo sonst noch hin. Ich bleibe der Gemeinschaft aber gern verbunden und bin dankbar für das Leben und Lernen hier im letzten Jahr, dankbar auch allen, die das durch ihre Unterstützung möglich machen, und allen, denen ich begegnen durfte.



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