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"Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden"

"Unpolitisch sein heißt politisch sein, ohne es zu merken." (Rosa Luxemburg)

von Birke Kleinwächter / März 2009

Täglich gehe ich etliche Male an einem kleinen Foto von Rosa Luxemburg vorbei. Als Namenspatronin meines Zimmers hängt sie gleich neben der Tür. Oft, wie man sich denken kann, beachte ich sie gar nicht. Aber das ist schade. Denn diese Frau ist es wert, erinnert zu werden.

Am 5.3.1871 in Polen geboren wuchs Rosalia Luksenburg (durch einen behördlichen Schreibfehler änderte sich ihr Nachname in den uns bekannten) ihrem kleinen Wuchs und ihrem schon früh durch Krankheit geprägten Leben zum Trotz zu einer der bedeutendsten VertreterInnen der europäischen Arbeiterbewegung und einer der größten marxistischen TheoretikerInnen heran.

Rosa Luxemburg ist bekannt als Verfechterin des Sozialismus, als Antimilitaristin, als Gegnerin der Todesstrafe, als Streiterin für das Frauenwahlrecht, als Anführerin und Gründerin sozialistischer und revolutionärer Gruppen, als Herausgeberin und Rednerin und als Mitbegründerin der KPD.

Bei meiner neuerlichen Befassung mit ihrer recht kurzen, aber unglaublich umfassenden Lebensgeschichte habe ich in ihr auch die Flüchtlingsfrau entdeckt. Die Schicksale, die sie erlebt, erlitten hat, kennen wir von den bei uns lebenden Flüchtlingen.

Schon als Schülerin engagierte sie sich im verbotenen „Proletariat“ und sollte verhaftet werden. Freunde rieten ihr zu fliehen, und versteckt in einem Fuhrwerk voll Stroh gelangte sie nach Zürich. Die Schweiz war damals Exil vieler russischer und polnischer Intellektueller. Sie schloss sich dieser exilpolitischen Bewegung an und gewann schnell den Ruf als führende Theoretikerin der polnischen Arbeiterbewegung.

1898 heirate Rosa Luxemburg Gustav Lübeck zu dem Zwecke, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Sie kam nach Berlin und trat in die SPD ein, die damals – man staunt heutzutage! – in der Arbeiterbewegung als fortschrittlichste sozialistische Partei Europas galt. Wie bekannt, wich die SPD zunehmend von den ursprünglichen Idealen – eine sozialistische Gesellschaft und ein klares Nein zum Krieg – ab und sah die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft, die Rosa Luxemburg am Herzen lag, nur noch als Fernziel. Gegen diesen zunehmenden Opportunismus vertrat sie konsequent ihre klassenkämpferische Haltung und wurde zur Wortführerin des linken Parteiflügels. Sie litt daran, dass auch einstige Weggefährten eher nationalistisch gesinnt waren, als die Fahne des internationalen Klassenbewusstseins hochzuhalten.

Durch ihre öffentlichen Reden kam sie immer wieder ins Gefängnis: mal wegen „Majestätsbeleidigung“ (1904 gegen Kaiser Wilhelm II.), mal wegen „Anreizung zum Klassenhass“ (1906 wegen Aufrufs zur Teilnahme an der russischen Revolution), mal wegen „Aufforderung zum Ungehorsam“ (Rede zur Kriegsdienstverweigerung 1913 in Frankfurt/ M.). Den 1. Weltkrieg musste sie fast vollständig vom Gefängnis aus mitverfolgen. Auch im Gefängnis blieb sie politisch aktiv und schmuggelte mit Hilfe von FreundInnen Briefe und Aufsätze heraus.

Die ursprünglich von ihr gutgeheißene Oktoberrevolution sah sie schnell kritisch. In ihrem Aufsatz „Zur russischen Revolution“ prägte sie den bis heute wichtigen Satz: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden.“

In der umstürzlerischen Zeit in Deutschland 1918 / 1919 behielt sie ihre aktive Rolle als Politikerin, Rednerin, Herausgeberin, Organisatorin bei. Ihre Warnungen vor einem verfrühten und unorganisierten Aufstand blieben ungehört, so dass der einwöchige Spartakusaufstand im Januar 1919 Hunderte von Todesopfern forderte.

Am 15.1.1919 wurden Rosa Luxemburg und ihr enger politischer Verbündeter Karl Liebknecht in Berlin-Wilmersdorf entdeckt , festgenommen, verhört und schwer misshandelt. Dann wurden sie auf Befehl von Kommandant Waldemar Pabst und mit Rückendeckung von Reichswehrminister Gustav Noske und vermutlich auch Reichspräsident Friedrich Ebert ermordet. Die Leiche Rosa Luxemburgs warf man in den Landwehrkanal, wo sie erst in der Nacht zum 1. Juni entdeckt und nachträglich neben Karl Liebknecht begraben wurde.

Ihre geradezu prophetischen Erkenntnisse in ihrer kritischen Auseinandersetzung mit dem „Kommunistischen Manifest“ von Marx und Engels gehören zu ihrem Erbe an uns und sollten uns gerade aktuell nachdenklich machen. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieb sie, dass kapitalistische Produktionsprozesse angewiesen sind auf Wachstum, auf die Erschließung neuer Märkte – gegebenenfalls mit Waffengewalt und Krieg -, bis kein Gebiet mehr über sei, in das das Kapital mit seinen überschüssigen Waren ausweichen kann: „Der Imperialismus ist ebenso sehr eine geschichtliche Methode der Existenzverlängerung des Kapitals wie das sicherste Mittel, dessen Existenz auf kürzestem Wege objektiv ein Ziel zu setzen. Damit ist nicht gesagt, dass dieser Endpunkt pedantisch erreicht werden muss. Schon die Tendenz zu diesem Endziel der kapitalistischen Entwicklung äußert sich in Formen, die die Schlussphase des Kapitalismus zu einer Periode der Katastrophen gestaltet.“ (aus: Rosa Luxemburg, Gesammelte Werke, Bd. 6, S. 261).



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