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Die Räumung von Lützerath - Erfahrungen

Maria in der Eibenkapelle

Kunstvolle Baumhäuser charakterisierten das Camp

Fossiles Zeitalter heißt: Erdzerstörung aus Energiehunger

von Judith Samson / Februar 2023

Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten treu und still geborgen“ begleitete uns in der Gruppe von „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ vor, während und nach der Räumung von Lützerath und spiegelt auch gut meine persönliche Erfahrung. Eine Woche lang, vom letzten öffentlichen Gottesdienst in der Eibenkapelle am 08.01. bis zur Großdemo am 14.01.23, haben wir eine sehr intensive Zeit zusammen erlebt.

Am Sonntag, 08.01., kam ich mit einer großen Menge von Menschen zum Dorfspaziergang in Lützerath an. Viele wollten sich von dem Ort verabschieden, andere, wie ich, planten bis zur Räumung zu bleiben. Die Atmosphäre war ruhig und friedlich. Es war möglich, noch einmal alles aufzunehmen, was in den letzten zwei Jahren in Lützerath entstanden ist. Klavierklänge schwebten durch die Luft, ein klarer Sternenhimmel, leise Gespräche an verschiedenen Stellen, ein größtenteils stilles und konzentriertes Warten auf den Sturm.

Meine Bezugsgruppe war die ökumenische Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“, die seit über zwei Jahren in Lützerath Gottesdienste aller Art „an der Kante“ gefeiert hat. Dazu gehörten auch Häusersegnungen und Prozessionen, Fokus war aber die „Eibenkapelle“. Bei dieser handelt es sich eigentlich um ein Wegkreuz von 1867, das bis zu seiner Wiederentdeckung 2021 in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten war. Nach der Wiederentdeckung wurde sie freigelegt und verschiedenste religiöse Symbole fanden dort ihren Ort. Zentral war dabei das gelbe Kreuz, das 2021 in einem „Kreuzweg für die Schöpfung“ von Gorleben nach Lützerath getragen worden war. Dazu gehörten auch ein Foto von Dorothy Stang, der brasilianischen Ordensfrau, die 2005 wegen ihres Aktivismus für den Erhalt des Regenwaldes ermordet wurde, eine Taizé-Ikone und eine mit einem grünen Mantel geschmückte Marienfigur. Unsere Gruppe hat von den anderen Aktivist:innen sehr viel Wertschätzung erfahren, weil unser Singen bzw. die Tatsache, dass wir immer wieder mit dem Kreuz zwischen sie und die Polizei getreten sind, oft deeskalierende Wirkung hatte.

Der Verlust der (Baum)Häuser mit all den engagierten Menschen und ihrer Kreativität, die versucht haben, ein anderes gesellschaftliches Modell zu leben, wie wir es so dringend brauchen, hat bei allen Schmerz und Trauer ausgelöst. Ich persönlich habe in den letzten Monaten nur sporadisch an den Gottesdiensten teilgenommen und war nicht so intensiv verbunden wie viele andere, aber die Tragik, die mit dem Verlust dieses Ortes im Blick auf unser aller Zukunft verbunden ist, berührt mich ebenfalls tief. Die Gruppe bezieht sich stark auf die Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus. Darin betont er, dass für uns Christ:innen die Frage des Klimaschutzes zentral zu unserem christlichen Auftrag gehört, weil es hier um eine Frage der Gerechtigkeit geht. Wenn wir in Deutschland die 1,5 Grad-Verpflichtung nicht einhalten, hat das globale und langfristige Folgen. Es ist unsere Verantwortung, für die Menschen, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, und für die zukünftigen Generationen Verantwortung zu tragen.

Im direkten Angesicht von so viel brutaler Zerstörung zu stehen, war mir persönlich nur möglich, weil wir uns als Gruppe aufeinander verlassen konnten und weil ich mich getragen wusste von ganz vielen Menschen, die uns intensiv mit und ohne Gebete begleitet haben. Für mich war „die Welt, die unsichtbar sich um uns weitet“ (Bonhoeffer), spürbar. Dazu zähle ich auch die Heiligen und denke, dass auch Dorothy Day uns in dieser Zeit begleitet hat. Am Abend vor der Räumung gab es für die Aktivist:innen noch einen letzten Gottesdienst. Die Nacht verbrachten wir dann in der Eibenkapelle. Mit einer Plane hatten wir sie gut vor Wind und Regen geschützt, innen saßen wir auf Strohballen und hatten viele Lichter aufgestellt. Die Kante direkt uns gegenüber blieb die ganze Nacht hell beleuchtet und diverse Polizei- und Räumfahrzeuge standen schon aufgereiht hinter einer Rampe, die am Tag aufgeschüttet worden war. Morgens früh bezogen Polizist:innen auf dem Wall gegenüber Stellung, gegen 9.45 Uhr standen sie direkt vor der Kapelle und es war soweit. Angekettet war nur das gelbe Kreuz, wir ließen uns herausführen, einige auch tragen. Wo sich das Gorlebener Kreuz jetzt befindet, ist leider unklar.

Dann ging es zusammen zur Mahnwache in Holzweiler für eine kurze Abschlussrunde, bevor wir uns nachmittags mit einer Prozession wieder Richtung Lützerath aufmachten. In Lützerath fand ich an verschiedenen Stellen einen Spruch, der mir so gefällt, weil er Hoffnung ausdrückt: „Sie dachten, sie könnten uns begraben. Sie wussten nicht, dass wir Samen sind.“



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