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Afghanistan ist nicht sicher!

Demo am bundesweiten Aktionstag gegen Abschiebungen nach Afghanistan am 11.2.2017 in Hamburg

von Aman Narula im Gespräch mit Dietrich Gerstner / März 2017

Aman N. zog vor zwei Jahren bei Brot & Rosen aus. Nachdem er einen Asylantrag gestellt hatte, auf dessen Ausgang er immer noch wartet, lebt er in einer Flüchtlingsunterkunft. Nach dem ersten Schulabschluss absolviert Aman aktuell eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Die neue Politik der Bundesregierung, besonders junge, alleinstehende Männer nach Afghanistan abschieben zu wollen, verunsichert ihn natürlich. Hier sind seine Gründe, warum Afghanistan kein sicheres Land ist, insbesondere nicht für Angehörige von Minderheiten!

Wenn mich die Leute sehen, dann glauben sie mir oft nicht, dass ich Afghane bin. So ging es mir auch auf der Behörde in Belgien, als ich dort meinen Asylantrag stellte, da ich kaum Dari und kein Paschtu spreche. Darum lehnten sie mich ab.

Aber es stimmt: Ich komme aus Afghanistan und ich bin Hindu! Seit vielen Generationen lebte meine Familie in Afghanistan – selbst der Großvater meines Vaters konnte sich nicht erinnern, wo seine Vorfahren herkamen. Früher waren Indien, Pakistan und Afghanistan durch das britische Empire verbunden. So kam es wohl, dass meine Vorfahren nach Afghanistan kamen. Hindus konnten dort lange ungestört leben. Aber heute ist das ganz anders...

Ich konnte die Schule in Afghanistan nur kurz besuchen. Vor allem wegen dem Gebet am Freitag. Daran konnte ich ja nicht teilnehmen. Und das war ein Problem. Zum Glück gab es damals, das war so Ende der 90er Jahre, noch relativ viele Hindus und Sikhs in Afghanistan, so dass meine Eltern gemeinsam mit anderen eine private Schule organisieren konnten. Wir trafen uns manchmal im Tempel oder sonst zuhause bei den Lehrern. Darum spreche ich auch fast kein Dari, sondern vor allem meine Muttersprache Multani.

Als ich 12 war, wurde unsere Schule geschlossen, da immer mehr Hindus und Sikhs das Land verließen. Die verbliebenen Eltern konnten sich den Privatunterricht für ihre Kinder nicht mehr leisten.

So fing ich an, bei meinem Vater mitzuarbeiten. Er hatte einen Großhandel für Kleidung. Den sollte ich eines Tages übernehmen. Als mein Vater sein Geschäft in einem großen Markt in Kabul eröffnete, waren fast alle Läden in der Hand von Hindu-Afghanen. Aber das änderte sich immer mehr. Eines Tages wurde mein Vater von einem muslimischen Ladennachbarn so sehr verprügelt, dass er ins Krankenhaus musste. Ich sah seine Schwierigkeiten, aber ich konnte ihm nicht helfen.

Mein Vater hatte früher acht Jahre im afghanischen Militär gedient, darum spricht er gut Dari. Er wollte Afghanistan nie verlassen. Aber jetzt sah er keine Perspektive mehr. Darum plante er, dass wir alle fliehen. Aber sein ganzes Geld steckte im Laden. Den wollte er nicht viel zu billig verkaufen. So wurde erst mal ich weggeschickt.

Mit einem Schlepper kam ich vor fünf Jahren nach Belgien. Als sie mir dort nicht glauben wollten, bin ich nach Deutschland gegangen. Die Kirche hat mir geholfen, dass ich erst mal hier bleiben konnte. Nun warte ich auf das Ergebnis meines Asylverfahrens. Aber ich weiß nicht, wie das ausgeht. Das macht mir Angst. Ein Freund von mir, auch ein Hindhu-Afghane, wurde im Dezember auf der Behörde festgenommen und wurde tatsächlich abgeschoben!

Ich mache jetzt eine Ausbildung zum Verkäufer und hoffe, dass ich bleiben und endlich ein sicheres Leben führen darf.

Denn wo sollte ich hin in Afghanistan? Dort sind kaum noch Hindus und Sikhs. Auch meine Eltern sind geflüchtet, weil es nicht mehr auszuhalten war. Die afghanische Regierung sagt zwar, dass sie uns schützen will, aber das kann sie gar nicht. Ich bin sofort als Hindu erkennbar. Ich habe Angst, dass ich in Afghanistan sterben würde. Und wovon sollte ich dort leben?

Afghanistan ist kein sicheres Land, schon gar nicht für uns Hindus und andere Minderheiten!

P.S. Neben vielen anderen Möglichkeiten, sich mit afghanischen Geflüchteten solidarisch zu zeigen, empfehlen wir die Unterschriftenkampagne der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl (www.proasyl.de/thema/unsicheres-afghanistan/#topic-content) und besonders gegen die Abschiebepolitik des Hamburger Senats die Plattform WeAct von Campact (https://weact.campact.de/petitions/hamburg-keine-abschiebung-nach-afghanistan )



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