Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
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Ein Jahr bei Brot & Rosen - Jessicas Blick zurück

Donnerstags war Jessica nahezu immer im Café Exil und oft bei der Mahnwache anzutreffen.

von Jessica Drews / Juni 2009

Mein Jahr als Berufspraktikantin bei Brot & Rosen in Hamburg neigt sich dem Ende zu. Viele bleibende Eindrücke und bereichernde Erfahrungen nehme ich mit auf meinen weiteren Weg. Gerne möchte ich Einiges hiervon mit Ihnen und euch teilen. Nachfolgend zitiere ich daher kleine Auszüge aus meinem Praxisbericht im Rahmen meines Sozialpädagogikstudiums:

Ich hatte zuvor wenig Kontakt mit flüchtlingspolitischen Themen gehabt. Das Ausmaß der Situation von und des Umgangs mit Flüchtlingen in Deutschland, Europa und weltweit war für mich ein Schock! (...) Ich konnte (und kann auch bis heute) den Umfang der durch deutsche und europäische Flücht­lings­politik verursachten Ungerech­tigkeit nicht begreifen. Schlichtweg, weil ich nicht begreifen kann, dass die Menschenrechte nur für den Teil der Menschen gelten, die sie sozusagen erfunden haben. Sie sind an das Herkunftsland gekoppelt und bis zum Äußersten von wirtschaft­lichen Interessen bestimmt.

Auch die Tatsache zu verstehen, dass Deutschland, mein Heimatland, auf unmenschlichste Weise seinen Wohlstand zu verteidigen sucht und dabei die Menschenrechte übergeht, war und ist für mich als Deutsche eine Unerhörtheit sondergleichen, die ich in solch furchtbaren Ausmaßen nicht erwartet hatte. Die Ungerechtigkeit Flüchtlingen gegenüber, der ich mich konfrontiert sah, ist wie ein überdimensional großer Berg, der durch die Arbeit engagierter Institutionen, Vereine, Einzelpersonen abzubauen versucht wird. Jedoch wächst er durch politische und wirtschaftliche Entscheidungen schneller an, als er abgebaut werden kann. Diese Erfahrung erzeugte in mir das Gefühl von Ohnmacht. Ich habe versucht zu lernen, mich in diesem Spannungsfeld der Ohnmacht und des Engagements zu bewegen, ohne dass ich mich durch zu viele schlechte Nachrichten und wenige Fortschritte handlungsunfähig fühle. Das Unterstützen meiner KlientInnen im persönlichen Kontext, das gemeinsame Anklagen der Ungerechtigkeit sind für mich einige Eckpunkte im Umgang mit der Thematik der Ungerechtigkeit gegenüber Flüchtlingen geworden. (...)

Die Offenen Abende des Hauses hatten für mich stets hatte eine bestärkende Kraft. Der unmittelbare Kontakt mit einem bestimmten Teil der Erde, einem friedenspolitischen Projekt bzw. mit Menschen, die sich für Gerechtigkeit stark machen, ließ die Erde in weltumspannender Solidarität sozusagen ein Stück näher zusammenrücken. (...)

In der gastgebenden Rolle erlebte ich mich unterschiedlich: mal von vornherein offen, mal eher langsam herantastend, mal gar nicht bereit, mich auf den Besuch einzulassen. Diese unterschiedlichen Befindlichkeiten rührten daher, dass zu jeder Zeit Menschen das Haus besuchen und sie somit in gute, schlechte oder normale Launen meinerseits ‚hineinplatzen’ konnten. Hier bietet das gemeinsame Tragen der Gastfreundschaft Raum für unterschiedliche Launen des Einzelnen. (...)

Ich freue mich, ein so weiterbringendes und vielfältiges Berufspraktikum verbracht zu haben.

Das gemeinschaftliche Zusammenleben auf christlichem Fundament war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich konnte in diesem Kontext viel über mich lernen und habe von den scheinbar unendlichen Ressourcen des Hauses sehr profitiert. Dennoch weiß ich nun auch, dass dieses Modell aus verschiedenen Gründen erst mal kein Lebensentwurf für mich darstellt.

Ich will enden mit einem Zitat, das ich in meinem Tagebuch vor einiger Zeit wiederfand. Als abendlichen Abschluss des bundesweiten 10jährigen Jubiläumstreffen der „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten“ gab es Begegnung und Tanz und ich dachte: „Es wäre doch eine wünschenswerte Welt, die da tanzt: vielfältig, bunt, offen, tolerant. Warum ist das nur im kleinen Kreis möglich?“

In diesem Sinne bedanke ich mich von ganzem Herzen bei der Gemeinschaft, den MitbewohnerInnen und all den FreundInnen des Hauses für mein vergangenes Jahr. Möge Gottes Segen auch weiterhin dieses Haus und seine so wichtige Arbeit schützen.



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