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Brexit - Ein Kommentar aus Großbritannien
von Nora Ziegler / Sommer 2016 Nach der Volksabstimmung in Großbritannien über den „Brexit“ fragte ich Nora Ziegler, die bei der mit uns befreundeten Catholic Worker Gemeinschaft in London lebt, nach der aktuellen Stimmung. Hier ihre spontane Reaktion wenige Tage nach der Abstimmung.(DG) Hallo Dietrich, insgesamt ist die Stimmung hier ziemlich deprimiert. In London wählten die meisten Leute „Drinbleiben“ und es gibt das Gefühl, dass das Land sehr gespalten ist entlang der Linien Stadt - Land, Norden - Süden, jung - alt und reich - arm. Einige Leute denken, dass diese Entscheidung unglaublich dumm sei und aus rassistischem Hass und Angst heraus getroffen wurde. Es gibt wiederum andere unter „den Linken“, die den Brexit unterstützen, weil sie die EU für undemokratisch halten. Und einige sagen, der Brexit wäre eine Entscheidung „des Volkes“ gegen die liberale, Guardianlesende privilegierte Mittelklasse von London. Aber das ist meiner Meinung nach Unsinn. Es gibt „das Volk“ nicht, und außerdem stimmten viele ArbeiterInnen in den Städten für „Drin-bleiben“. Meiner Meinung nach kann es schon stimmen, dass die EU imperialistisch und übermäßig bürokratisch ist, aber ich denke nicht, dass das der wirkliche Grund für die Debatte und die Volksabstimmung war. Warum also jetzt? Persönlich ist es mir relativ egal, ob Großbritannien in der EU bleibt oder nicht. Aber ich bin sehr beunruhigt über die generell rassistische und fremdenfeindliche Stimmung, die die ganze Kampagne und die Entscheidung „raus zu gehen“ begleitet hat. Und ich denke, dies ist insgesamt die größte Bedrohung in ganz Europa, in allen europäischen Ländern: diese Unfähigkeit mit Migration und Vertreibung sowie mit dem wachsenden rassistischen und islamophoben Hass umzugehen. Abgesehen davon wissen wir nicht, was die ökonomischen und sozialen Folgen sein werden. Wir werden es sehen. Aber das beunruhigt mich momentan nicht so sehr. Seit der Volksabstimmung gab es viele rassistische Angriffe besonders gegen polnische Menschen und auch gegen ImmigrantInnen aus aller Welt, was überhaupt keinen Sinn ergibt! Ich denke, die Volksabstimmung war vor allem eine Botschaft gegen MigrantInnen und Flüchtlinge; ein Weg, wie manche Leute ihren Frust und ihre Befürchtungen äußern konnten, ähnlich wie bei der AFD in Deutschland. Ich glaube, dass die meisten Menschen überhaupt nicht verstanden haben, was es bedeutet, die EU zu verlassen und ob das wirklich eine gute Idee ist. Offenbar schauten am Tag nach der Volksabstimmung tausende Leute im Internet nach unter „Europäische Union“ und „Wie bekomme ich einen Irischen Pass?“. Es ist einfach lächerlich! Was denkt Ihr in Deutschland darüber? Lachen uns die Leute aus (sie sollten das) oder sind sie besorgt? Liebe Grüße, Nora (übersetzt aus dem Englischen) |
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