Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
Arbeit für Frieden und Gerechtigkeit
Gastfreundschaft für Flüchtlinge
Leben in Gemeinschaft
Brot zum Leben

von Uta und Dietrich Gerstner / September 2012

Dieser Artikel wurde zunächst in der Herbst-Ausgabe der „evangelisch-lutherischen kirchenzeitung für bram­feld und steilshoop“ veröffentlicht.

Der Duft von frisch gebackenem Brot durchströmt das ganze Haus, als Asma in der Küche die dicken Brotfladen aus dem Backofen zieht. Ganz früh war sie schon auf den Beinen, um den Brotteig anzusetzen. Mit geübter Grazie knetet sie den Teig durch, so wie sie es über viele Jahre für ihre Kinder zuhause getan hat. Dann kam der Krieg nach Kosovo, und auch ihr Dorf, ihr Haus und ihre Familie wurden zerstört. Zwei Söhne und ihre Tochter konnten sich mit ihr retten und baten als verfolgte Roma in Deutschland um Asyl – jahrelang mussten sie auf ein sicheres Bleiberecht warten.

Und so kam sie in ihrer Not in unser Haus der Gastfreundschaft, um hier Atem zu schöpfen. In der ersten Zeit war sie sehr zurückgezogen und still. Mühsam kaute sie mit ihren wenigen Zähnen das kernige Brot aus unserem Kasten.

Brot haben wir ja normalerweise genug bei uns im Haus: Einmal wöchentlich bringt uns die Hamburger Tafel aus dem vielfältigen Brotangebot der Stadt die Reste in die Fabriciusstraße. Von einem befreundeten Bioladen bekommen wir auch gelegentlich den Überschuss ihrer nicht verkauften leckeren Brote.

Doch für Asma war dennoch nicht das richtige dabei. Nicht dieses fremde Brot brauchte sie,

das nur den Hunger in ihrem Magen stillte. Sie sehnte sich nach einem Brot, das ihren Leib und ihre Seele sättigt, ein Brot zum Leben.

Aber dann stand sie eines Morgens auf und ging in die Küche und suchte sich alles zusammen, was sie brauchte, um in unserem Ofen ihr Brot zu backen. Ein wunderbar duftendes, weiches, rundes Weißbrot, so wie sie es von ihrer Mutter und Großmutter Zuhause gelernt hatte. Mit diesem Brot beschenkte sie sich und die ganze Hausgemeinschaft. Und immer, wenn es alle war, buk sie wieder neues – in ihrem neuen Zuhause.

Als Asma auszog, begann Nurettin sein Heimatbrot zu backen. „Na, ist das nicht das beste Brot, das ihr je gegessen habt?“, fragte er uns mit einem Lachen im Gesicht, als er es zum Abendessen auftischte. Endlich strahlten seine Augen wieder, nachdem er Monate zuvor als sichtbar gebrochener Mann am Ende seiner Kräfte aus einem Leben ohne gültige Aufenthaltspapiere in unser Haus gekommen war. Mit der Zeit fand er wieder festeren Boden unter seinen Füßen und zeigte bei uns, was alles in ihm steckt als Koch und Bäcker.

Und als dann Sörye zu uns kam, gewann auch sie mit ihrer ersten Backaktion das ganze Haus für sich: Kaum hatte sie ihre süßen, kleinen Keksbrötchen vom Blech geschoben, stürzten sich alle darauf, besonders gern aber die Kinder.

Brot auf unserem großen Esstisch ist nicht nur ein alltägliches Lebensmittel, sondern ein Begegnungs- und Kommunikationsmittel, das Heimat stiftet, Gemeinschaft eröffnet und Verbundenheit schenkt – ein Lebens-Mittel, wenn wir es miteinander teilen.

Und wenn wir als Gemeinschaft in unserer wöchentlichen Andacht Abendmahl miteinander feiern, dann nehmen wir dafür einfach ein Stück aus unserem Brotkasten – als kleiner Vorgeschmack auf das Fest im Reich Gottes, wo es Brot für alle gibt und wo die Rosen blühen.

„Wir können Gott nur lieben, wenn wir einander lieben, und dazu müssen wir einander kennen. Wir erkennen IHN im Brechen des Brotes, und wir kennen einander, wenn wir zusammen Brot brechen, und wir sind nicht länger allein. Der Himmel ist ein Gastmahl, und so ist das Leben, selbst wenn wir nur eine Brotkruste haben, aber mit anderen vereint sind.“

Dorothy Day in ihrer Autobiografie „The Long Loneliness“, 1952



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