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Mit Konfis unterwegs - Kreuzweg und Ostern 2015

Constanze Funck und Manuel Beyer aktualisieren Psalm 22 in die heutige Zeit

Kreuzweg in der Hafencity

von Kirstin Faupel-Drevs / Juli 2015

Pastorin Kirstin Faupel-Drevs war viele Jahre die geistliche Leiterin des Einkehrzentrums Ansverushaus vor den Toren Hamburgs. Kürzlich wechselte sie als Pastorin in die Großstadtgemeinde Billstedt.

Zuerst war es nur so eine Idee: Wie wäre es, wenn die neuen Konfis den ganzen Weg mitlaufen würden? Von Gründonnerstag bis Ostern, das Geheimnis der besonderen Tage mit-erleben und dadurch die Leidens- und Hoffnungsgeschichte Jesu auf andere Weise kennen lernten? So viel und so guten Konfirmandenunterricht kann ich gar nicht geben, der das gleichermaßen ermöglichen würde. Teil des doch recht umfangreichen Programms war auch die Teilnahme am „Kreuzweg für die Rechte der Flüchtlinge“, organisiert und seit Jahren durchgeführt von „Brot & Rosen“. Daran wollte ich selbst endlich einmal teilnehmen. All die Jahre vorher war das nicht möglich gewesen, denn am Ansverus-Haus hatten wir immer einen Kreuzweg durch den Sachsenwald angeboten. Ein völlig anderes Gelände! Nun also die Stadt, überhaupt alles neu in diesem bunten Stadtteil Billstedt, wo ich seit Jahresbeginn Pastorin bin. Fast 50% der Menschen mit Migrationshintergrund, noch nicht einmal ein Zehntel der Wohnbevölkerung sind noch registrierte Kirchenmitglieder, in ganzen Straßenzügen gibt es keine einzige Adresse. Dementsprechend klein ist der Kreis meiner Konfis: neun Jugendliche bei mir, neun beim Kollegen. Aber diese neun, die wollen es. wissen, wie das ist mit dem Glauben und Beten, mit den alten Geschichten und was sie mit uns heute zu tun haben. Na bitte: gibt es eine aktuellere Story als die Geschichte von Verrat, Folter und Tod eines Mannes, der nichts tut als für Frieden und Gerechtigkeit zu brennen und andere dafür begeistert?

Unser Weg beginnt an Gründonnerstag-Abend in der Jubilate-Kirche mit dem Feierabendmahl, vorbereitet von Frauen in unserer Gemeinde. Die Kirche wunderbar geschmückt wie für den allerliebsten Gast, und in der frei geräumten Mitte ein großer Tisch, eingedeckt für 13 Personen mit feinsten Leinenservietten und edlen Weingläsern. Die Gemeinde und viele Gäste sitzen an Tischen drum herum. Auch die Konfis haben ihren eigenen Tisch. Man spürte ihnen die Verwunderung ab: Kirche als Wohnraum? Essen, Tischgespräche, Lachen - Kirche? Am nächsten Morgen, Karfreitag, sind wir wieder dort. Diesmal eine ganz andere Szenerie: Der große Tisch ist quergestellt. Vier Menschen sitzen an der Längsseite und lesen die Passionsgeschichte vor. Der sonst leere Tisch, die ernsten Gesichter, wer nicht zuhört auf das Gelesene, könnte den Eindruck einer Gerichtsverhandlung haben. Gefühle von Angst und Beklommenheit, eine deutlich andere Atmosphäre als am Abend vorher. Von dort brechen wir direkt auf in die Stadt zum Kreuzweg für die Flüchtlinge.

Viele Leute auf dem Rathausmarkt, Transparente mit Aufschriften: „Kein Mensch ist illegal“, Helfer verteilen weiße Schals an die Mitlaufenden. Die Sonne scheint frühlingshaft, aber es weht ein eiskalter Wind. Die Konfis rücken zusammen, eine wärmere Jacke wäre besser gewesen! Und die Pastorin sammelt auch noch die Handys ein...

Der Weg durch die Stadt zur Hafencity ist lang. Über drei Stunden sind wir unterwegs. Immer wieder halten wir und hören Geschichten, die an die Nieren gehen. So wie die von den Flüchtlingen aus Syrien, die nach gefahrvoller Überfahrt übers Meer in Griechenland anlanden und ausgerechnet von deutschen Grenzwächtern drangsaliert, gedemütigt und geschlagen werden. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne“. Die Worte aus dem 22. Psalm, das Sterben Jesu, die ferne Verzweiflung der Flüchtlinge – alles wird eins. Das idyllische Wasserglitzern, die edlen Wohngebäude der Hafencity im Hintergrund erscheinen als absurde Kulisse einer Realität, die sonst schön fern von uns ist. Heute einmal ganz nah.

Nach den Kar- und Ostertagen sitzen wir wieder zusammen, die neun Konfis und ich. Das Reden miteinander ist jetzt anders, wir haben viel zusammen erlebt. Einer von ihnen ist am Ostermorgen getauft worden. „Christus unser Licht – gelobt sei Gott“ – das ist die andere Realität. Sie leuchtet noch immer, nicht nur wenn wir die Kerzen vor dem Kreuz anzünden.



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