Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
Arbeit für Frieden und Gerechtigkeit
Gastfreundschaft für Flüchtlinge
Leben in Gemeinschaft
Familie stärkt mir den Rücken

von Alaa Mandou mit Dietrich Gerstner / Dezember 2017

Mein Name ist Alaa, meine FreundInnen nennen mich aber alle „Koki“. Vor zwei Jahren bin ich mit meiner Mutter nach Deutschland gekommen. Wir sind vor dem Krieg in Syrien geflüchtet. Mit einem Teil unserer Familie war ich einige Zeit zuvor nach Libyen geflüchtet, weil mein Vater dort eine neue Arbeit gefunden hatte. Aber dann wurde die Situation immer schlimmer, so dass wir nicht mehr in Libyen bleiben konnten.

Leider reichte das Geld nur für die Flucht von meiner Mutter Amal und mir. Mein Vater musste in Libyen bleiben und ist auch heute noch dort. Das ist ganz traurig für mich, denn ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Vater.

Familie war für mich in Syrien einerseits die Großfamilie. Wir lebten alle in einem Stadtteil von Damaskus und haben viel zusammen gemacht. Jeden Freitag kamen wir zusammen, vor dem Gebet und auch danach. Und es verging kein Tag, an dem nicht ein Verwandter bei uns vorbei schaute.

Andererseits war Familie vor allem mein Vater und meine Mutter. Meine drei Brüder sind nämlich viel älter als ich. So war ich noch lange alleine bei meinen Eltern. Mein Vater verbrachte viel Zeit zuhause, weil er einfach gerne mit meiner Mutter und mir zusammen war. Wenn er z.B. zum Einkaufen auf den Markt ging, dann durfte ich ihn meist beglei-ten. Mein Vater aß gerne Obst – ich auch. So saßen wir oft abends zusammen und er machte einen großen Obstteller für uns beide.

Im Mai 2016 wurden meine Mutter und ich in Berlin anerkannt – aber nicht als Flüchtlinge, sondern nur als „subsidiär Schutzberechtigte“. Ich war zuerst froh, dass wir endlich ein Papier hatten und hier bleiben durften. Unser Vater freute sich auch sehr, als er davon hörte. Denn er hoffte, dass er nun offiziell auch nach Deutschland kommen dürfte. Aber dann erfuhren wir, dass wir mit diesem Papier bis März 2018 kein Recht auf Familiennachzug haben werden. Das war ein Schock für uns alle.

Ich verstehe ja, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann, aber es ist auch sehr hart, dass wir über zwei Jahre auf meinen Vater warten sollen. Und dann ist es ja noch völlig unklar, ob der Familiennachzug ab März 2018 überhaupt weiter geht. Diese Ungewissheit ist das schlimms-te, da ich nicht weiß, ob ich meinen Vater jemals wieder sehen werde!

Meine Mutter kann das gar nicht verstehen. Sie ist schon alt – was soll sie machen ohne meinen Vater? Jeden Tag telefoniert sie mit ihm. Auch mit anderen Verwandten. Weil sie nicht so gut Deutsch spricht, hat sie hier kein normales Leben. Sie braucht diese täglichen Telefonate mit der Familie. Ich selbst versuche, das alles nicht so sehr an mich ranzulas-sen. Sonst bin ich zu traurig und habe keine Kraft mehr. Ich kann meinem Vater sowieso nicht richtig helfen.

Ich bin noch jung und möchte hier mein Leben (neu) begin-nen. Und außerdem kümmere ich mich um meine Mutter. Mein Vater unterstützt mich zum Glück und gibt mir Kraft dafür. Er ist zwar mittlerweile ziemlich krank und er ist sehr alleine in Libyen. Doch er ist auch stark und denkt immer positiv. Er macht mir am Telefon Mut und sagt zu mir: „Du schaffst das schon!“

Das ist für mich Familie: Dass jemand da ist, der mir den Rücken stärkt und mich unterstützt. Und ich mache das genauso.

Und: Wenn es Liebe gibt, dann ist das Familie. Wenn sich Menschen umeinander kümmern, so wie bei Brot & Rosen, dann ist das Familie. Wenn jemand mal sagt: „Wie geht es Dir? Alles okay bei Dir?,“ und das auch wirklich so meint. Das tut mir gut, gerade weil ich hier keine eigene Familie mehr habe.

Dieser Text wird in einer kürzeren Version in einem Online-Adventskalender 2017 der Flüchtlingsbeauftragten der Nordkirche erscheinen.



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