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Susan Crane und Susan van der Hijden (r.) am 6.8. während ihrer „Freigangzeit“ bei einer Mahnwache gegen Atomwaffen vor dem Koblenzer Bahnhof

von Susan van der Hijden/ Juli 2024

Susan van der Hijden aus Amsterdam ist seit dem 4. Juni für eine Aktion zivilen Ungehorsams gemeinsam mit der US-amerikanischen Friedensaktivistin Susan Crane im Gefängnis. Diesen Text schrieb Susan vdH Mitte Juli in der JVA Rohrbach. Seither wurden die beiden Frauen nach Koblenz verlegt.

Nach sechs Wochen im Gefängnis Rohrbach scheinen wir die Spitze der Häftlingsgesellschaft erreicht zu haben, die Elite sozusagen, den „offenen“ Trakt, in dem die Zellentüren einige Stunden am Tag geöffnet sind, in denen wir duschen und telefonieren können, wann immer wir wollen, mit anderen reden, spielen und sie in ihren Zellen besuchen können. Wir sind die Bourgeoisie des Gefängnisses, weil wir uns gut benehmen und verstanden haben, wie das „Spiel“ hier funktioniert.

Natürlich gibt es immer noch Regeln und Zeiten, in denen wir eingesperrt sind, und Wärter*innen. Und diese Einschränkungen sind deutlich zu spüren, auch wenn sie mit einer zuckersüßen Schicht von Höflichkeit und einem „Entschuldigung, ich mache die Regeln nicht“ und „Ich bewundere, was du tust“ überzogen sind. Wir hatten sogar ein „Ich schäme mich für mein Land, dass es Sie eingesperrt hat“. Dieser Zuckerguss kann jedoch die Freiheitsberaubung, die Ungerechtigkeit des Systems und das Leid, das es den Frauen hier zufügt, nicht annähernd verdecken.

Nur im Gefängnis? Wie anders ist es wirklich draußen in der „freien“ Welt? Wie frei sind Sie, lieber Leser*innen?

Wir bekommen viele Briefe, in denen gesagt wird, wie mutig und stark wir sein müssen und dass „ich niemals das tun könnte, was Sie tun“. Ich fühle mich dann sehr unwohl, weil ich es nicht bin. Ich bin nicht mutig, wenn es darum geht, in der Öffentlichkeit zu tanzen oder kurze Hosen zu tragen, oder andere, dunklere Sachen, die ich hier nicht einmal zu erwähnen wage. Ich versuche immer, nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, meine Verrücktheit im Zaum zu halten, mich anzupassen, aus Angst, nicht akzeptiert, nicht geliebt und sogar von meiner eigenen Gemeinschaft ausgestoßen zu werden.

Obwohl ich mich mein ganzes Leben lang (langsam) an den Rand der Gesellschaft bewegt habe, klammere ich mich immer noch an eine gewisse Normalität und hänge sehr an einem gewissen Maß an Komfort, physisch und psychisch. Für den Protest gegen Atomwaffen verhaftet zu werden und ins Gefängnis zu gehen, wird in meinem Freundeskreis mehr oder weniger akzeptiert. Auch wenn nicht alle alles verstehen, so versuchen sie doch, mich zu unterstützen. Einen Zaun zu durchschneiden und in eine Militärbasis einzudringen ist also nicht viel mutiger als, sagen wir, mit einer Gruppe von Freund*innen Karaoke zu singen (ich persönlich würde mich schämen). Es würde mich aus der Gruppe ausschließen, zu der ich gerne gehöre.

Ich bewundere die jungen Frauen im anderen Trakt, die sich noch nicht mit dem Gefängnisleben abgefunden haben, sondern sich täglich dagegen wehren. Sie mögen widerspenstig sein, Dinge werfen, die Wärterinnen, die Regeln, den Himmel verfluchen. Zumindest können sie sich noch eine bessere, eine freiere Lebensweise vorstellen und haben nicht aufgehört, dafür zu kämpfen. Ja, sie sind furchterregend und grausam, aber mein Gott - sie leben!

Daniel Berrigan sagt in „Das Floß ist nicht das Ufer“, dass man, wenn man sich für die Menschlichkeit einsetzt, überall unerwünscht ist ... und das scheint dafür zu sprechen, dass praktisch jeder heute entweder im Exil oder im Gefängnis oder in irgendwie in Schwierigkeiten sein sollte. Thich Nhat Hanh fügt hinzu, dass dies auch geschieht, wenn du versuchst, du selbst zu werden, und dein Denken und deine Bestrebungen eins werden. Jesus sagt ähnliche Dinge. Wenn wir ihm nachfolgen wollen, müssen wir bereit sein, unsere Familie und unsere alten Gewohnheiten hinter uns zu lassen. Wir müssen zu Exilant*innen werden.

Jeden Tag werden wir aufgefordert, ein wenig zu sterben, damit wir wiedergeboren werden und mehr wir selbst sein können. Sei es, dass wir kurze Hosen tragen und riskieren, dass die Leute über unsere käsigen, weißen, haarigen Beine lachen, oder dass wir ein Gesetz brechen, das todbringende Waffen schützt. Jedes Mal, wenn wir uns entscheiden, frei zu sein, vor allem, wenn es gegen die (vermeintlichen) Konventionen der Gruppe verstößt, zu der wir gehören, sterben wir innerlich und werden neu geboren, ein Stück näher an unserem wahren und freien Selbst, ein Stück näher am Reich Gottes. ■

Redigierte Übersetzung mit DeepL aus dem Englischen. Susan van der Hijden und Susan Crane sind jetzt inhaftiert in der JVA Koblenz – Offener Vollzug, Simmerner Straße 14a, 56075 Koblenz. Briefe sind herzlich willkommen!



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