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Wenn die Waffen schweigen
von Osama Iliwat und Rotem Lewin / Februar 2024 Die Combatants for Peace (CfP) sind eine Basisbewegung ehemaliger Kämpfer*innen aus Israel und Palästina, die seit 2006 gewaltfrei für Frieden, Gleichheit und Freiheit in ihrer Heimat zusammenarbeiten. Bei einer Vortragsreise durch Deutschland konnten wir zwei Mitglieder bei uns beherbergen. Renate Clauss aus Hamburg führte ein Interview mit ihnen, das ähnlich in der Zeitung Analyse und Kritik im Februar erschienen ist. Frage: Wieso habt ihr die Waffen niedergelegt? Rotem: Aufgewachsen in einem liberal-zionistischen Dorf hörte ich erstmals von Palästinenser*innen im Zusammenhang mit Busexplosionen. Ich verließ den Bus oft schon vor meiner Haltestelle, wenn ich Menschen Arabisch reden hörte. Wir lebten in unserer eigenen Welt und lernten in der Schule nur das, was uns in unserer Welt halten sollte. Osama: Ich habe eine völlig andere Geschichte: Als Kind hörte ich von meiner Großmutter das Wort Nakba. Weil mein Großvater 1948 heimlich nach Jerusalem zurückkehrte, haben wir dort Familie. Als ich zehn Jahre alt war, mussten wir umziehen1. Vor der Schule sah ich jeden Tag Soldaten und Jeeps. Sie sprachen mich auf Hebräisch an. Als ich es meiner Mutter erzählte, sagte sie nicht, »das ist die israelische Armee« - sie sagte »die Juden«. So setzte ich Judentum und Militärs gleich. Frage: Wie groß sind die Combatants for Peace? Wieviele Frauen gibt es in eurer Organisation? Osama: Wir haben etwa 50 aktive Mitglieder. Combatants for Peace wurde von Männern gegründet, es kamen dann immer mehr Frauen dazu. Es gibt eine Frauengruppe bei den Combatants. Aktuell sind die "CEOs" für beide Seiten eine Israelin und eine Palästinenserin, Esther und Ana. Frage: Mit welchen Gruppen arbeitet ihr zusammen? Rotem: Wenn nur wir eine Demonstration organisieren, kommen etwa 600 bis 700 Leute, bei Bündnisdemonstrationen mehrere Tausend, richtig große Demos gibt es beim Alternativen Jom haZikaron, da waren bis zu 15.000 mit uns auf der Straße und 20.000 Follower live im Internet dabei in der Coronazeit. Diese Veranstaltung organisieren wir gemeinsam mit dem Parents Circle, einer Organisation von Eltern beider Seiten, die Angehörige im Konflikt verloren haben. Wir arbeiten auch mit Breaking the Silence, einer Gruppe ehemaliger und aktiver Soldaten, die über die Realität der Besatzung berichten. Am wichtigsten ist uns ein Projekt, das die frisch aus der Armee Entlassenen begleitet – wenn sie die Wirklichkeit in Westbank und Gaza gesehen haben. Diese Leute um die 20 werden die überzeugtesten Aktivisten. Frage: Wie hat sich die politische Situation nach dem 7. Oktober verändert? Osama: Der 7. Oktober war für alle ein Schock. Israel ist hochgerüstet, hat Milliarden in den Bau von Mauern, Sicherheitssystemen, Kameras sowie Flugzeuge gesteckt und wurde von dem Angriff überrascht. Hamas konnte durchbrechen und töten, entführen und alles Schreckliche tun. Die Armee hielt sie nicht auf. Rotem: Auch in der Westbank eskaliert die Gewalt: 400 Palästinenser wurden seither dort getötet, 4.000 Menschen in Administrativhaft genommen; die Städte sind abgeriegelt. In Israel wird zunehmend das Wort »Nazi« für Palästinenser benutzt, denn Nazis zu bekämpfen, gilt in Israel als legitim. Frage: Was fordert ihr konkret? Osama: Wir brauchen Schulen, in denen Palästinenser*innen und Israelis gemeinsam lernen und arbeiten sowie sich gegenseitig kennen und verstehen lernen. In Israel gibt es nur wenige solcher Schulen, weil Schüler*innen dann den Militärdienst ablehnen, da es dann passieren kann, dass sie auf ehemalige Mitschüler*innen schießen sollen. Rotem: Der Westen hat versucht, uns die Zweistaatenlösung zu verkaufen, weil er ein Interesse an einer Militärbasis im Nahen Osten hat. Das funktioniert nicht, wenn 700.000 Siedler im Westjordanland leben. Ohne Rückkehrrecht gibt es für Palästinenser*innen keine Gleichberechtigung. Osama: Uns ist egal, ob es zwei Staaten, drei Staaten, einen Staat gibt. Wir brauchen einen Ort, an alle sicher und gleich-berechtigt leben können. Und wir brauchen niemanden, der uns sagt, wie wir unseren Konflikt beenden sollen. Und wir brauchen euch, weil wir gemeinsam etwas verändern können. ■ 1 Anm.: Alle arabischen Bewohner*innen von Jerusalem, die länger als 3 Jahre außerhalb der Grenzen Jerusalems leben, dürfen dorthin nicht zurückkehren. Rotem Levin und Osama Ilivat sind am 25. Februar nach Palästina und Israel zurückgekehrt und wir hoffen, dass sie dort "frei, sicher, gleichberechtigt und unter demokratischen Voraussetzungen" ihre Botschaft des gewaltfreien Zusammenlebens verbreiten könnnen. |
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