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Die aktuellen Antworten auf die Finanzkrise steigern den Unfrieden
von Ralf Becker / Juni 2009 Am 9. Juni gestaltete Ralf Becker einen anregenden Abend zum Thema „Regiogeld und Zinswirtschaft“ bei Brot & Rosen. Wir drucken hier einen kurzen Beitrag von Ralf Becker v.a. über die problematische Wirkung des Zinses auf unser Wirtschaftssystem ab. Mit Billionen-Beträgen stützen die Industrieländer die weltweit entstandenen Finanzblasen. All diese Beträge finanzieren ein System, das zunehmend ungerecht wirkt. Zudem ist unser derzeitiges zinsgestütztes Geldsystem als Kettenbriefsystem aufgebaut, d.h. es erzwingt ständiges Wachstum auch über die ökologischen Grenzen der Erde hinaus. Die Bibel kennt diese Wirkungen eines zinsgestützten Geldsystems, weshalb sie mannigfaltig vor dem Zinsnehmen warnt und vielfach zu systemischen Schuldenerlässen rät. Ohne Marktausweitung durch Kolonisation oder Globalisierung oder kriegsbedingte Zerstörung und Inflation wachsen im derzeitigen Zinssystem die Geldvermögen nach einigen Jahrzehnten regelmäßig schneller als die Realwirtschaft – in den Industrieländern seit den 70er Jahren. Die Erhaltung der so entstehenden Finanzblasen zur Rettung des Gesamtsystems durch staatliche Schuldenaufnahme bereinigt die Inflation der Vermögenswerte nicht. Nachhaltiger und friedlicher wären von der Bibel empfohlene Schuldenerlasse und mittelfristig auch die – auf marktwirtschaftliche Weise mögliche – Senkung des durchschnittlichen Zinsniveaus auf Null, damit die Vermögen nicht mehr von der stagnierenden Realwirtschaft abheben. Unsere Marktwirtschaft ist sehr effizient und erfolgreich in der Erhöhung der Produktivität und der Herstellung immer mehr materieller Güter. Dazu trägt auch maßgeblich unser effizientes Zinssystem bei, dessen Wirkungen langfristig jedoch den sozialen Frieden bedrohen, da mit Fortschreiten der Marktwirtschaft die staatliche Umverteilung der erwirtschafteten Einkommen immer weniger funktioniert. Denn über den Zinsmechanismus werden zunehmend größere Beträge von Arm zu Reich transferiert als der Staat seinerseits durch Steuern umverteilen kann: Heute besitzen in Deutschland (und weltweit) 10 % der Menschen 90 % der Vermögen. In der Zeit von 1991 bis 2001 sind die Nettolöhne in Deutschland real um 4 %, die Zinseinkommen jedoch um 64 % und die Geldvermögen der 10 % besonders Reichen um 75 % gestiegen – bei einem realen Wirtschaftswachstum von nur 16 %. Weltweit zahlen die Entwicklungsländer unter dem Strich an die Industrieländer weit mehr Zinsen als sie Entwicklungshilfe von uns erhalten: jährlich 150 Mrd. $. Nicht die Reichen transferieren Geld an die Armen, sondern diese an uns. Viele Entwicklungsländer sind de facto Pleite, doch wir verweigern die Forderung der Erlassjahrkampagne nach einem internationalen Insolvenzrecht, das den Bedürftigen im Falle zu großer Zinsverpflichtungen einen Ausweg aus tödlichen Verschuldungs-Zwangslagen bieten könnte. In Deutschland zahlen ebenfalls die Ärmeren die Zinsen an die Reichen. Mittlerweile stecken in allen Preisen durchschnittlich etwa 40 % Zinsen, bei der Miete bis zu 80 %. So erhalten die 10 % Reichsten in Deutschland jährlich 400 Mrd. € an Zinsen, davon etwa die Hälfte von 80 % der ärmeren Bevölkerung. Die Vermögens-Umverteilung über die Zinsen übersteigt zunehmend die vom Staat leistbare Umverteilung über Steuern. Das Denken in und Hoffen auf positive Zinsen führt langfristig zwangsläufig immer wieder zu Finanzblasen und Systemkrisen. Deshalb verknüpft die Bibel zu Recht Schalom – Frieden – mit Hinweisen zu einem gerechten Geldsystem. Ralf Becker ist Mitgründer der Kampagne erlassjahr.de und Mitglied der Christen für Gerechte Wirtschaftsordnung. Er lebt in einer Hausgemeinschaft des Laurentiuskonvents in Diemelstadt-Wethen. |
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